Um einer Antragsflut für Windkraftanlagen vorzubeugen, hatte Landrat Roland Grillmeier eine Initiative für mehr Landschaftsschutzgebiete gestartet. Freie Wähler, SPD und Grüne fühlten sich überrumpelt, der Kreisausschuss verlagerte die Debatte auf den Kreistag. Und der beschloss nun, für den Bereich Stiftländer und Egerer Wald zumindest ins Prüfverfahren einzusteigen.
Das Gebiet am Grenzkamm, das sogenannte Grüne Band, wurde vorerst zurückgestellt. Vor allem aus den Reihen der Landwirte hatte es Proteste gegeben, weil sie Einschränkungen befürchten. Dagegen läuft das Verfahren für den Hessenreuther Wald bereits. Hier sollen laut Beschluss von 2020 rund 6900 Hektar in den Naturpark Steinwald einbezogen werden. Die Verwaltung wurde beauftragt, eine Rechtsverordnung zur vorläufigen Sicherstellung einzelner Bestandteile für den Landschaftsschutz zu erarbeiten.
Ein Verfahren zum Landschaftsschutz wird auch für die "Klosterregion" zwischen Waldsassen, Wondreb, Mähring und Bad Neualbenreuth eingeleitet. Hier muss noch der genaue Geltungsbereich festgelegt und in Karten dargestellt werden. Regierungsdirektorin Regina Kestel sicherte zu, dass vor der Abstimmung über eine vorläufige Sicherstellung die beteiligten Interessensverbände und Kommunen einbezogen werden.
Gebiete noch nicht sichergestellt
Über zwei Stunden diskutierte der Kreistag. Zahlreiche Besucher der Sitzung und nicht wenige Mitglieder des Gremiums hatten damit gerechnet, dass mit der Entscheidung am Dienstag gleich die vorläufige Sicherstellung großer Gebiete verbunden ist. Doch Regierungsdirektorin Kestel betonte, dass der Kreistag dies erst beschließen müsse, wenn alle Details vorliegen. Und das könne bei diesem arbeitsintensiven Verfahren noch etliche Monate dauern.
Landrat Roland Grillmeier sah die Ausweisung weiterer Landschaftsschutzgebiete als absolut dringlich an: "Windkraft ja, aber nicht an den markantesten Stellen." Tirschenreuth gelte als Naturlandkreis, doch seien nur rund 25 Prozent der Fläche geschützt, erkannte er für die Region Nachholbedarf. Nun sollten rund 10 Prozent dazukommen. Die Windkraftplanung sei dadurch nicht verhindert, rund 30 Prozent der Landkreisfläche blieben weiterhin dafür geeignet, rechnete Grillmeier vor. Man habe bereits 15 Windräder. Bei einer von der Bundesregierung angestrebten Windkraftfläche von 2 Prozent würden mindestens 60 Anlagen dazukommen, fürchtete er.
"Nicht nur verhindern"
Bernd Sommer (CSU) betonte, dass Landschaftsschutz einen hohen Stellenwert habe. "Wir haben hier Platz für alles", nannte er Industrie, Gewerbe, Land- und Teichwirtschaft. "Wir müssen uns aber auch um die besondere Flora und Fauna kümmern."
Hans Klupp (Freie Wähler) sah in dem CSU-Vorstoß ein Vehikel, um Windräder zu verhindern. "Dass wir in einer schönen Heimat leben, da sind wir voll beieinander", meinte er. Doch auch im Landkreis Tirschenreuth werde es mehr Windkraft geben müssen. Der weitere Zubau müsse dringend gesteuert werden. "Aber lenken kann nicht nur verhindern sein", forderte er Aussagen darüber, wo man sich überhaupt Windräder vorstellen könne. Für die Landschaftsschutzgebiete sah Klupp keinen Entscheidungsdruck. Erst einmal sei abzuwarten, was nach einem Fall der 10H-Regel in Bayern gelte.
Wohin sollen Windräder?
Uli Roth (SPD) fürchtete, dass durch eilige Beschlüsse Fakten gegen Windkraftpläne geschaffen werden sollen. Um die Landschaft zu schützen, wäre eine Ausweisung entsprechender Gebiete schon lange möglich gewesen. "Uns fehlt eine verbindliche Aussage, wo die Windkraft denn ins Landschaftsbild passt." Im Vergleich mit dem Landkreis Neustadt, wo es nur zwei Windräder gebe, stehe Tirschenreuth zwar gut da. Doch auch bei den Nachbarn sei die Debatte im Gang, wo denn die regenerative Energie für die Wasserstoff-Modellregion herkommen solle.
Matthias Grundler (Liste Zukunft) stellte sich an die Seite der CSU und erkannte in dem zeitintensiven Verfahren keine Verhinderung von Windkraft: "Es muss doch wenigstens geprüft werden, wo schützenswerte Bereiche liegen." Es sei klar, dass Windräder aufgestellt werden dürfen, aber der Landkreis sei nicht für die Auswahl der Standorte zuständig. Ein Vertagen bringe nichts.
Windkraft als Chance
Josef Schmidt (Grüne) warf der CSU vor, den Wert der Natur erst dann zu entdecken, wenn ein unliebsames Thema blockiert werden könne. Vor allem der Hessenreuther Wald sei ein intensiv bewirtschafteter Fichtenwald. "Was ist mit den vielen landschaftlich reizvollen Gegenden mit einem deutlich höheren Artenreichtum? Warum werden die nicht geprüft?" Auch bei einigen Gewerbeansiedlungen sei von Landschaftsschutz nicht die Rede gewesen. Schmidt appellierte, die Windkraft als Chance für den Landkreis zu begreifen. Man könne beides machen, Natur schützen und das enorme Wind- und Sonnenpotential nutzen. Eine vorläufige Sicherstellung von Gebieten würde Projekte für zwei Jahre auf Eis legen.
429 Unterschriften
„Das ist ein Eingriff in unser Eigentum“, fürchtete der Kreisobmann des Bauernverbandes, Ely Eibisch (Freie Wähler). Man dürfe dort zwar weiterwirtschaften wie gewohnt, sich aber nicht verändern, doch gerade das sei notwendig für seinen Berufsstand, auf den von allen Seiten Druck ausgeübt werde. "Unsere Landwirte wollen keine Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten", unterstrich Eibisch und übergab dem Landrat eine Liste mit 429 Unterschriften.
Weil für den Geltungsbereich des Grünen Bandes am Grenzkamm offenbar noch viel Klärungsbedarf besteht, wurde dieser Punkt aus dem Beschluss ausgeklammert. Anträge, das komplette Thema zurückzustellen, wurden nach intensiver Beratung zurückgenommen. Regierungsdirektorin Kestel versicherte, dass noch keine Fakten geschaffen würden. Jeder Windkraft-Antrag habe eine gewisse Verfahrensdauer: "Erst, wenn alle Unterlagen komplett und alle fachlichen Stellungnahmen da sind, ist ein Antrag entscheidungsreif." Und dann gelte die jeweils aktuelle Rechtslage.
Bei drei Gegenstimmen aus dem Lager der Freien Wähler beauftragte der Kreistag die Verwaltung, das Verfahren zur Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes im Bereich des Stiftländer und Egerer Waldes einzuleiten. Zur vorläufigen Sicherstellung von Flächen im erweiterten Naturpark und in der Klosterregion wird eine Rechtsverordnung vorbereitet.
Dann ist wieder der Kreistag gefragt. "Am Ende müssen Mehrheiten entscheiden", machte Landrat Grillmeier schon mal deutlich. Und die Mehrheit im Gremium haben CSU und Zukunftsliste.
Quelle: Onetz